- Societas Europea (SE)
- I. Begriff 1. Allgemeines: Durch Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates der Europäischen Union vom 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (ABl L 294/1 vom 10.11.2001) geschaffene europarechtliche (transnationale) Rechtsform einer Aktiengesellschaft, mit der in erster Linie erreicht werden soll, dass mit der Gründung einer SE die Möglichkeit eröffnet wird, dass a) Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten fusionieren oder eine Holding errichten; b) Gesellschaften u.a. juristische Personen aus verschiedenen Mitgliedstaaten, die wirtschaftlich tätig sind, gemeinsame Tochtergesellschaften gründen. In Kraft getreten am 8.10.2004 (Art. 70).- 2. Gründungsformen: Im Gebiet der EU können Handelsgesellschaften in der Form der Europäischen Aktiengesellschaft nach den Vorschriften der oben genannten VO gegründet werden.- a) Die im Anhang der VO genannten nach dem jeweiligen Recht des Mitgliedstaats zulässigen Aktiengesellschaften, die ihren Sitz und ihre Hauptverwaltung in der EU haben, können eine SE durch Verschmelzung gründen, sofern mindestens zwei von ihnen dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen.- b) Aktiengesellschaften und GmbHs können unter den genannten Voraussetzungen eine Holding-SE gründen, sofern mindestes zwei von ihnen dem Recht verschiedener Mitgliedstaaten unterliegen oder seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegende Tochtergesellschaft oder eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat haben.- c) Gesellschaften und juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts können eine Tochter-SE durch Zeichnung ihrer Aktien gründen, sofern die Voraussetzungen wie bei c) vorliegen.- d) Eine Aktiengesellschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet worden ist, kann in eine SE umgewandelt werden, wenn sie seit mindestens zwei Jahren eine dem Recht eines anderen Mitgliedstaates unterliegende Tochtergesellschaft hat (Art. 2).- 3. Merkmale der SE: Die SE besitzt eine eigene Rechtspersönlichkeit. Vorbehaltlich der Bestimmungen der VO findet das Recht des Sitzstaats der SE Anwendung. Das gezeichnete Kapital muss mindestens 120.000 Euro betragen (Art. 4). Der Sitz der SE muss in dem Mitgliedstaat liegen, in dem sich die Hauptverwaltung befindet (Art. 7). Der Sitz kann in einen anderen Mitgliedstaat verlegt werden (Art. 8). Die SE muss ihrer Firma den Zusatz „SE“ voran- oder nachstellen (Art. 11). Eine SE kann in das Handelsregister eingetragen werden, wenn eine Vereinbarung über die Beteiligung der Arbeitnehmer entsprechend der Richtlinie 2001/86/EG des Rats vom 8.10.2001 zur Ergänzung des Status der Europäischen Gesellschaft hinsichtlich der Beteiligung der Arbeitnehmer (ABl L 294/22 vom 10.11.2001) geschlossen worden ist. Die Eintragung und Löschung der Eintragung einer SE werden nach dem Recht des Mitgliedstaates und zu Informationszwecken im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht (Art. 13, 14).- 4. Verfassung der SE: Die SE verfügt über eine Hauptversammlung der Aktionäre und entweder über ein Aufsichtsorgan und ein Leitungsorgan (dualistisches System) oder nur ein Verwaltungsorgan (monistisches System). Das dualistische System hat die Struktur der deutschen Aufsichtsratsverfassung, während das monistische System dem angloamerikanischen Board System folgt (Art. 38-45). Für beide Systeme gilt, dass sie Mitglieder der Organe für höchstens sechs Jahre mit der Möglichkeit der Wiederbestellung berufen können (Art. 46).- 5. Rechnungslegung: Für die SE gilt hinsichtlich des ⇡ Jahresabschlusses und ggf. des konsolidierten Abschlusses einschließlich des Lageberichts und der Prüfung der Abschlüsse das Recht des Mitgliedstaates für Aktiengesellschaften (Art. 61), Sonderregelungen für Kreditinstitute, Finanzinstitute und Versicherungsunternehmen in Art. 62.- 6. Für die Auflösung und Liquidation gilt das Recht des Sitzstaats (Art. 62 ff.).- 7. Ein deutsches Ausführungsgesetz zu VO und Richtlinie befindet sich in der Vorbereitung.II. Besteuerung:1. Körperschaftsteuer: Die Besteuerung der SE entspricht den Regelungen zur Besteuerung von Aktiengesellschaften.- Nach den Doppelbesteuerungsabkommen unterliegt der Gewinn aus jeder Betriebsstätte im Staat der Betriebsstätte der Besteuerung. Die Ausschüttung der erwirtschafteten Gewinne an die Aktionäre in Form von Dividenden kann mit einer Pflicht zur Einbehaltung von Kapitalertragsteuer belegt werden, allerdings ist dies nur dem Staat erlaubt, in dem die SE ihren Sitz hat. Die von der SE empfangenen Dividenden sind beim Anteilseigner steuerpflichtige Einkünfte (aus Kapitalvermögen oder, bei einem Mutterunternehmen, aus Gewerbebetrieb) und unterliegen in Deutschland der Besteuerung nach dem Halbeinkünfteverfahren.- 2. Umwandlungssteuerrecht: Die Gründung der SE wie auch ihre Verschmelzung, Spaltung oder Sitzverlegung in ein anderes Land sind bisher (2004) noch nicht gesetzlich geregelt; es ist anzunehmen, dass diese ähnlich den nationalen Reglungen im Umwandlungssteuergesetz sein werden (⇡ Fusionsrichtlinie).
Lexikon der Economics. 2013.